Wenn Sie nach Dalmatien reisen, müssen Sie die Winde verstehen, die dort wehen. Viele Bewohner Dalmatiens glauben, dass die Natur des Windes auf die Stimmung, die Gesundheit, die Lebensmittelherstellung Einfluss ausübt, ja manche Menschen sogar dazu anregt, ein Verbrechen zu begehen. Die zwei Arten Wind in Dalmatien, die Sie kennen sollten, sind die Bora und der Jugo, bzw. der Nord- und der Südwind.
Die Bora
Die Bora ist in Kroatien das Synonym für etwas Heftiges, genauso wie Boreas aus der griechischen Mythologie – der Gott des Winters und des Nordwindes, der sich in die athenische Prinzessin Orthia verliebte. Unzufrieden, weil er sie nicht zu verführen vermochte, wurde er wütend, entführte Orthia und machte sie zu seiner Frau. Ein wahrer Charmeur, dieser Boreas.
Eine heftige Macht
Die Bora ist auch heute noch gelegentlich sehr heftig. Die Stürme, von der sie begleitet wird, können zu Straßensperrungen führen, Seeleute und Fähren in den Häfen festhalten, Bäume aus der Erde reißen und Ziegeln von Dächern fegen. Dieser Wind erreicht Spitzengeschwindigkeiten bis zu 220 km/h (136 Meilen pro Stunde).
Die Bora kommt aus dem Norden, sie katapultiert sich sozusagen über das Gebirge Velebit hinweg in Richtung Adriatisches Meer. Sie ist ein trockener und kalter Wind, weswegen es auch an sonnigen Tagen ohne jegliche Bewölkung sehr kalt sein kann. Scheint draußen die Sonne, aber Sie frieren – das ist die Bora. Sie ist häufiger in den Wintermonaten, kann aber zu jeder Jahreszeit wehen.
Es gibt zwei Arten von Bora: die helle und die dunkle („škura“). Die helle Bora kommt häufiger vor und wird von einem wolkenlosen Himmel begleitet. Doch hin und wieder weht die dunkle Bora, die begleitet wird von – Können Sie es erraten? – dunklen Wolken, die sich an den Bergspitzen ansammeln und in Richtung Meer ziehen und Regen bringen.
Aussicht auf den Sonnenuntergang aus den Royal Hotels & Resort in Dubrovnik
Klarer Himmel klärt den Verstand auf
In Dalmatien kann sich gelegentlich am Himmel Dunst ansammeln, weswegen man kaum die Inseln erkennt. Wenn dann aber die Bora weht, fegt sie den ganzen Himmel frei. Die Bora ist nicht nur dafür bekannt, dass sie den Himmel sauber bläst, sondern auch dafür, dass die Menschen sich nach einem Sturm körperlich und emotional besser fühlen, fast als hätte die Bora auch ihre Köpfe frei geblasen.
Die „Marčana-Bora“ (März-Bora) – man sagt, dass der Sommer heiß und stabil sein wird, wenn im Laufe des März die Bora dreimal weht.
Der Jugo
Der Jugo ist ein feuchter Wind und wird in der Regel von dunklen Wolken und Regenstürmen begleitet. Er bläst aus dem Süden, von den Inseln her in Richtung Küste. Da die Bewohner Dalmatiens die Sonne bevorzugen, mögen sie den Jugo nicht besonders leiden. Er verursacht Depressionen, körperliche Schmerzen und schlechte Laune. In diesem einzigartigen Teil der Welt dient der Jugo oft als Entschuldigung für ein solch melancholisches Verhalten. In der Geschichte haben viele Menschen, die ein Verbrechen begingen, während der Jugo wehte, diesen Umstand zu ihrer Verteidigung vorgebracht. Abhängig davon, mit wem Sie in Dalmatien sprechen, werden Sie oft legendäre Geschichten über Menschen hören, die straffrei blieben, weil sie den Jugo als Argument für ihre Verteidigung nutzten. Zur Zeit der Republik Dubrovnik (Respublica Ragusina) galt ein besonderes Gesetz, das vorschrieb, dass man während des Jugo weder Sitzungen abhalten noch irgendwelche Entschlüsse treffen oder Gesetze verabschieden durfte. Selbst bei Straftaten, die während des Jugo begangen wurden, ließ man Milde walten. Diese Zeiten liegen glücklicherweise hinter uns. Tereza Buconić, eine bekannte kroatische Schriftstellerin, fasste die Geschichte über den Jugo so zusammen: “ Man kennt bei diesem miserablen Wetter nicht mal sich selbst; wie sollte man dann mit einem so benebelten Verstand über Andere eine Entscheidung treffen!“